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Umgelenkte Lamellen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff als freistehende Spannglieder im Konstruktiven Ingenieurbau
Vor ca. 60 Jahren begann die Entwicklung der Faserverbundwerkstoffe (FVK). Bereits Anfang der fünfziger Jahre wurden die ersten Karosserieteile für die Corvette aus FVK produziert. Das erste Segelflugzeug wurde aus glasfaserverstärktem Kunststoff an der Universität Stuttgart gebaut. Zwischen 1956 und 1970 wurden ca. 70 unterschiedliche Kunststoffhaustypen entwickelt. Einige der einzigartigen Kunststoffhäuser, wie das Monsantohaus, Futuro, Rondo etc., stehen immer noch als Beweise für diese Zeit (Abb. 1-1, Abb. 1-2). Trotz der enormen Resonanz in der Öffentlichkeit verschwanden diese Häuser in den 70ern wieder. Zum Einen lag das an den baukonstruktiven und bauphysikalischen Problemen und zum Anderen an dem Fehlen einer angemessenen architektonischen Umsetzung [1]. Heute sollen Faserverbundwerkstoffe (FVK) gezielt auf Anwendungen beschränkt werden, in denen sie Vorteile gegenüber herkömmlichen Baustoffen einbringen können. Ihre hervorragenden Werkstoffeigenschaften, die einen erfolgreichen Einsatz im konstruktiven Ingenieurbau versprechen, stehen dem Nachteil der noch recht hohen Kosten dieser Werkstoffe gegenüber. Heute kommt neben der Glasfaser (GFK) die Kohlenstofffaser (CFK) im Bauwesen zum Einsatz. Sie hat in der Luft- und Raumfahrtechnik durch ihre geringe Rohdichte und hohe Zugfestigkeit schon lange interessante Verwendungen gefunden. Auch die Fahrzeugtechnik setzt zunehmend auf die Materialeigenschaften der kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffe. Beispielweise besteht die Karosserie eines Mercedes SLR fast komplett aus CFK (Abb. 1-3). In der Bautechnik wurden seit Jahrzehnten alternative Zugelemente mit hoher Korrosionsbeständigkeit gesucht, um Spann- und Bewehrungsstahl zu ersetzen. Hier zeichnet sich CFK gegenüber Spannstahl durch hohe Zugfestigkeit in Faserrichtung, geringes Gewicht, hervorragende Korrosionsbeständigkeit, sowie durch überlegenes Ermüdungs- und Relaxionsverhalten aus. Berücksichtigt man neben den Herstellungskosten auch die Erhaltungskosten, z.B. von Brücken, stellen sie eine wirtschaftlich interessante Variante dar. Vor zwanzig Jahren haben Kohlenstofffaserlamellen ihren Siegeszug im Bauwesen begonnen. Sie haben auf Grund ihrer günstigen Materialeigenschaften und ihrer einfachen Handhabung auf der Baustelle, interessante Anwendungsfelder eröffnet. Sie werden primär zur Sanierung und Verstärkung von Tragkonstruktionen verwendet und stellen hier eine leistungsfähige Alternative zu den bisher üblichen Stahllaschen dar (Abb. 1-4). Nach erfolgreichen Untersuchungen und Gutachten wurden 1995 zum ersten Mal in Magdeburg Loggia-Platten mit Carbo-Dur-Lamellen verstärkt. In Deutschland wurde im Jahr 1997 die erste allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Kohlenstofffaserlamellen erteilt. Nach der Zulassung folgten vielfältige Ertüchtigungen im Hoch- und Brückenbau. Die Lamelle wird i.d.R. mit einem Epoxidharzmörtel schlaff auf die Stahlbetonkonstruktion aufgeklebt. In diesem Fall können etwa 12% ihrer Zugkraft ausgenutzt werden. Aufgrund der immer noch hohen Kosten für CFK-Material bedeutet dies eine spürbare Einschränkung der Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens. Inzwischen konzentrieren sich die Entwicklungen darauf, die Lamelle unter Vorspannung auf die Stahlbetonkonstruktion aufzukleben, um ihre hohe Grenzdehnung und Festigkeit effektiver auszunutzen. Neben den Vorteilen, die diese Werkstoffe besitzen, haben sie aufgrund ihres anisotopen Materialaufbaus jedoch auch einige nachteilige Eigenschaften. In erster Linie ist hier die Empfindlichkeit für Beanspruchung durch Querpressung zu nennen. Aufgrund dessen stellt die Konstruktion der Endverankerung bzw. Umlenkung auf einem Sattel die größte Herausforderung bei der Weiterentwicklung dieser Bauweise zum Einsatz vorgespannter Lamellen dar. Da Kohlestofffasern nahezu dauerschwingfest sind und einen erheblich besseren Ermüdungswiderstand aufweisen als alle metallischen Werkstoffe, liegt der Gedanke nahe, CFK-Lamellen nicht nur für die Verstärkung von Betonbauteilen, sondern auch als freies und externes Zugglied zu verwenden, z.B. für extern vorgespannte Stahlbetonbrücken (Hohlkastenbrücken) oder für unterspannte Decken im Hochbau. Für solche Anwendungen kommen grundsätzlich auch CFK-Paralleldrahtbündel in Frage, wie sie in [86-93] schon verwendet wurden. Allerdings ist die Produktion der unidirektional verstärkten Lamellen im Pultrusionsverfahren einfacher. Außerdem reduziert der fl ache Querschnitt die Querpressungen und ermöglicht eine Schichtung mehrerer Lamellen an der Umlenkung. Die geringe Lamellenstärke erlaubt zudem enge Umlenkradien, wie sie zwar weniger bei extern vorgespannten Hohlkastenträgern, aber bei unterspannten Decken im Hochbau erforderlich sind. Um CFK-Lamellen als externe Spannglieder einsetzten zu können, muss die konstruktive Gestaltung der wesentlichen Konstruktionsdetails vorgespannter CFK- Lamellen, nämlich der Endverankerung und der Umlenkung auf einem Sattel, gelöst werden. Für die Endverankerung liegen bereits Ansätze von verschiedenen Forschungseinrichtungen vor. Was derzeit jedoch noch gänzlich fehlt, sind Kenntnisse über das Tragverhalten von umgelenkten CFK-Lamellen. Ziel dieser Arbeit ist es, erste Erkenntnisse über umgelenkte CFK-Lamellen zu gewinnen, um ihre grundsätzliche Eignung als externe Spannglieder zu beurteilen. Hierzu gliedert sich die Arbeit in zwei wesentliche Teile: Teil 1: Statische Versuche an umgelenkten Lamellen: Der erste Teil besteht aus einer Reihe von Zugversuchen an umgelenkten CFK-Lamellen auf der institutseigenen Prüfanlage. Dabei wurde der Einfl uss elementarer Parameter, wie Umlenkradius und Umlenkwinkel, auf die Bruchlast erfasst. Teil 2: Versuche mit relativer Verschiebung zum Umlenksattel: Mit den in Teil 1 gewonnenen Ergebnissen wurden weitere Versuche in Anlehnung an die ETAG 013 (Ausgabe Juni 2002), die europäische ,,Richtline für die Eignungsprüfung von Spannverfahren für externe Vorspannung“ durchgeführt. Dadurch sollte ein ganz wesentlicher Effekt, nämlich die Reibung während des Vorspannvorganges oder unter auftretender Relativverformung einer Lamelle zum Umlenksattel und der Einfl uss dieser Verformung auf die Bruchlast erfasst werden. Auf Grundlage der gewonnen Erfahrungen wurden konstruktive Vorschläge für die Gestaltung von Anwendungsmöglichkeiten erarbeitet und dargestellt.
Umgelenkte Lamellen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff als freistehende Spannglieder im Konstruktiven Ingenieurbau
Vor ca. 60 Jahren begann die Entwicklung der Faserverbundwerkstoffe (FVK). Bereits Anfang der fünfziger Jahre wurden die ersten Karosserieteile für die Corvette aus FVK produziert. Das erste Segelflugzeug wurde aus glasfaserverstärktem Kunststoff an der Universität Stuttgart gebaut. Zwischen 1956 und 1970 wurden ca. 70 unterschiedliche Kunststoffhaustypen entwickelt. Einige der einzigartigen Kunststoffhäuser, wie das Monsantohaus, Futuro, Rondo etc., stehen immer noch als Beweise für diese Zeit (Abb. 1-1, Abb. 1-2). Trotz der enormen Resonanz in der Öffentlichkeit verschwanden diese Häuser in den 70ern wieder. Zum Einen lag das an den baukonstruktiven und bauphysikalischen Problemen und zum Anderen an dem Fehlen einer angemessenen architektonischen Umsetzung [1]. Heute sollen Faserverbundwerkstoffe (FVK) gezielt auf Anwendungen beschränkt werden, in denen sie Vorteile gegenüber herkömmlichen Baustoffen einbringen können. Ihre hervorragenden Werkstoffeigenschaften, die einen erfolgreichen Einsatz im konstruktiven Ingenieurbau versprechen, stehen dem Nachteil der noch recht hohen Kosten dieser Werkstoffe gegenüber. Heute kommt neben der Glasfaser (GFK) die Kohlenstofffaser (CFK) im Bauwesen zum Einsatz. Sie hat in der Luft- und Raumfahrtechnik durch ihre geringe Rohdichte und hohe Zugfestigkeit schon lange interessante Verwendungen gefunden. Auch die Fahrzeugtechnik setzt zunehmend auf die Materialeigenschaften der kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffe. Beispielweise besteht die Karosserie eines Mercedes SLR fast komplett aus CFK (Abb. 1-3). In der Bautechnik wurden seit Jahrzehnten alternative Zugelemente mit hoher Korrosionsbeständigkeit gesucht, um Spann- und Bewehrungsstahl zu ersetzen. Hier zeichnet sich CFK gegenüber Spannstahl durch hohe Zugfestigkeit in Faserrichtung, geringes Gewicht, hervorragende Korrosionsbeständigkeit, sowie durch überlegenes Ermüdungs- und Relaxionsverhalten aus. Berücksichtigt man neben den Herstellungskosten auch die Erhaltungskosten, z.B. von Brücken, stellen sie eine wirtschaftlich interessante Variante dar. Vor zwanzig Jahren haben Kohlenstofffaserlamellen ihren Siegeszug im Bauwesen begonnen. Sie haben auf Grund ihrer günstigen Materialeigenschaften und ihrer einfachen Handhabung auf der Baustelle, interessante Anwendungsfelder eröffnet. Sie werden primär zur Sanierung und Verstärkung von Tragkonstruktionen verwendet und stellen hier eine leistungsfähige Alternative zu den bisher üblichen Stahllaschen dar (Abb. 1-4). Nach erfolgreichen Untersuchungen und Gutachten wurden 1995 zum ersten Mal in Magdeburg Loggia-Platten mit Carbo-Dur-Lamellen verstärkt. In Deutschland wurde im Jahr 1997 die erste allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Kohlenstofffaserlamellen erteilt. Nach der Zulassung folgten vielfältige Ertüchtigungen im Hoch- und Brückenbau. Die Lamelle wird i.d.R. mit einem Epoxidharzmörtel schlaff auf die Stahlbetonkonstruktion aufgeklebt. In diesem Fall können etwa 12% ihrer Zugkraft ausgenutzt werden. Aufgrund der immer noch hohen Kosten für CFK-Material bedeutet dies eine spürbare Einschränkung der Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens. Inzwischen konzentrieren sich die Entwicklungen darauf, die Lamelle unter Vorspannung auf die Stahlbetonkonstruktion aufzukleben, um ihre hohe Grenzdehnung und Festigkeit effektiver auszunutzen. Neben den Vorteilen, die diese Werkstoffe besitzen, haben sie aufgrund ihres anisotopen Materialaufbaus jedoch auch einige nachteilige Eigenschaften. In erster Linie ist hier die Empfindlichkeit für Beanspruchung durch Querpressung zu nennen. Aufgrund dessen stellt die Konstruktion der Endverankerung bzw. Umlenkung auf einem Sattel die größte Herausforderung bei der Weiterentwicklung dieser Bauweise zum Einsatz vorgespannter Lamellen dar. Da Kohlestofffasern nahezu dauerschwingfest sind und einen erheblich besseren Ermüdungswiderstand aufweisen als alle metallischen Werkstoffe, liegt der Gedanke nahe, CFK-Lamellen nicht nur für die Verstärkung von Betonbauteilen, sondern auch als freies und externes Zugglied zu verwenden, z.B. für extern vorgespannte Stahlbetonbrücken (Hohlkastenbrücken) oder für unterspannte Decken im Hochbau. Für solche Anwendungen kommen grundsätzlich auch CFK-Paralleldrahtbündel in Frage, wie sie in [86-93] schon verwendet wurden. Allerdings ist die Produktion der unidirektional verstärkten Lamellen im Pultrusionsverfahren einfacher. Außerdem reduziert der fl ache Querschnitt die Querpressungen und ermöglicht eine Schichtung mehrerer Lamellen an der Umlenkung. Die geringe Lamellenstärke erlaubt zudem enge Umlenkradien, wie sie zwar weniger bei extern vorgespannten Hohlkastenträgern, aber bei unterspannten Decken im Hochbau erforderlich sind. Um CFK-Lamellen als externe Spannglieder einsetzten zu können, muss die konstruktive Gestaltung der wesentlichen Konstruktionsdetails vorgespannter CFK- Lamellen, nämlich der Endverankerung und der Umlenkung auf einem Sattel, gelöst werden. Für die Endverankerung liegen bereits Ansätze von verschiedenen Forschungseinrichtungen vor. Was derzeit jedoch noch gänzlich fehlt, sind Kenntnisse über das Tragverhalten von umgelenkten CFK-Lamellen. Ziel dieser Arbeit ist es, erste Erkenntnisse über umgelenkte CFK-Lamellen zu gewinnen, um ihre grundsätzliche Eignung als externe Spannglieder zu beurteilen. Hierzu gliedert sich die Arbeit in zwei wesentliche Teile: Teil 1: Statische Versuche an umgelenkten Lamellen: Der erste Teil besteht aus einer Reihe von Zugversuchen an umgelenkten CFK-Lamellen auf der institutseigenen Prüfanlage. Dabei wurde der Einfl uss elementarer Parameter, wie Umlenkradius und Umlenkwinkel, auf die Bruchlast erfasst. Teil 2: Versuche mit relativer Verschiebung zum Umlenksattel: Mit den in Teil 1 gewonnenen Ergebnissen wurden weitere Versuche in Anlehnung an die ETAG 013 (Ausgabe Juni 2002), die europäische ,,Richtline für die Eignungsprüfung von Spannverfahren für externe Vorspannung“ durchgeführt. Dadurch sollte ein ganz wesentlicher Effekt, nämlich die Reibung während des Vorspannvorganges oder unter auftretender Relativverformung einer Lamelle zum Umlenksattel und der Einfl uss dieser Verformung auf die Bruchlast erfasst werden. Auf Grundlage der gewonnen Erfahrungen wurden konstruktive Vorschläge für die Gestaltung von Anwendungsmöglichkeiten erarbeitet und dargestellt.
Umgelenkte Lamellen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff als freistehende Spannglieder im Konstruktiven Ingenieurbau
Deviated freestanding CFRP-Strips as prestressed element in structural engineering
Hwash, Mohamed (Autor:in) / Universität Stuttgart (Gastgebende Institution)
2013
Sonstige
Elektronische Ressource
Deutsch
DDC:
624
TIBKAT | 2013
|UB Braunschweig | 2013
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