Eine Plattform für die Wissenschaft: Bauingenieurwesen, Architektur und Urbanistik
Nebenbei Raum.
the significance of architectural form and structure for the mechanisms of implicit visual space perception
Die Bedeutung von Form und Struktur architektonischer Räume für die Mechanismen der impliziten visuellen Raumwahrnehmung
Die Architektur der letzten Jahre ist reich an Beispielen formal und strukturell komplexer Projekte, die den Betrachter faszinieren, ihm jedoch gleichzeitig keinen Zugang anbieten, der es ihm ermöglichen würde, Herkunft und Bedeutung ihrer Formen zu verstehen. Während für eine Bewertung solcher Entwürfe gerne belastbare technische Kriterien herangezogen werden, sind eben solche für eine Beschreibung von Form und Struktur in Bezug auf ihre Wahrnehmung verloren gegangen. Den Versuch zu unternehmen, solche Kriterien wieder zu entwickeln scheint heute besonders aus Sicht der Psychologie und Neurowissenschaften vielversprechend, da in diesen Forschungsbereichen in den letzten Jahren neue relevante Erkenntnisse über die Mechanismen der Wahrnehmung erarbeitet worden sind. Vorliegende Arbeit widmet sich demnach der Aufgabe, Form und Struktur architektonischer Räume aus Sicht der visuellen Raumwahrnehmung zu beschreiben. Dabei steht nicht die individuelle geschmackliche Bewertung der Wahrnehmung im Vordergrund, sondern die implizite prozesshafte Interaktion zwischen Architektur und Wahrnehmendem. Ziel der Untersuchung ist es dabei, einen neuen aussagekräftigen Aspekt der Bedeutung von architektonischer Form und Struktur zu erschließen und diesen den etablierten Betrachtungsweisen hinzuzufügen. Ein psychologischer Deutungsansatz für Architektur beinhaltet, dass Raum aus einer individuellen Perspektive beschrieben wird. Das subjektive Erleben von Raum bestimmt gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Ästhetik der Einfühlungstheorie. Im ersten Teil der Arbeit wird diesen Grundlagen aus der Einfühlungstheorie und der Gestaltpsychologie nachgegangen. Genauer wird die auf die Gestalttheorie aufbauende Arbeit Rudolf Arnheims diskutiert, da sein Ansatz eine geeignete Systematik bietet, eine Verbindung zwischen der heutigen Forschung zur impliziten Wahrnehmung und der Architektur zu schaffen. Rudolf Arnheims Methodik bildet den Ausgangspunkt für die Untersuchung des relevanten Wissensstands in Psychologie und Neurowissenschaften im zweiten Teil der Arbeit. Die Schwerpunkte der Untersuchungen konzentrieren sich dabei auf die Forschungsbereiche, die sich mit impliziter visueller Wahrnehmung beschäftigen. Dabei werden Aspekte der visuellen Aufmerksamkeit, Selektion, Expertise, des Lernens und der unbewussten Wahrnehmung erörtert. Diese Bereiche der Forschung beleuchten die Mechanismen, die auch abseits unserer bewussten Aufmerksamkeit mit der Gewinnung von Informationen aus den Reizen der Umgebung beschäftigt sind. Sie liefern eine fundierte Vorstellung davon, wie auch ohne unser Zutun und ohne dass wir es bemerken unser Nervensystem durch die beständige Verarbeitung von Reizen in die Lage gebracht wird, mit seiner Umgebung weitgehend unabhängig von unserem Aufmerksamkeitsfokus erfolgreich zu interagieren. Und darüber hinaus, wie diese Interaktion mit unserer Umgebung unser Verhalten beeinflusst und uns prägt. Es wird deutlich, dass Form und Struktur der Objekte um uns herum mithilfe grundlegender Wahrnehmungsmechanismen beständig und automatisch neu interpretiert werden. Die Einblicke in diese Wahrnehmungsprozesse werden im dritten Teil mit zunehmender Komplexität auf die Interaktion des Wahrnehmungssystems mit konkreten architektonischen Räumen übertragen. Dadurch können einige Phänomene beschrieben werden, die die Potentiale von Form und Struktur für die Modulation der Wahrnehmung beleuchten. Die Untersuchungen des dritten Teils unterteilen sich in drei Unterkapitel. Das erste widmet sich Architekturzeichnungen. Anhand bekannter Zeichnungen wird analysiert, wie Architekten mithilfe von bildhaften Tiefenhinweisen Raumwahrnehmung manipulieren. Der ergänzende und interpretierende Charakter der Wahrnehmung des Betrachters wird herausgearbeitet. Im zweiten Kapitel werden diese Mechanismen im dreidimensionalen Raum an den Konturen von Form und Struktur des Raumes untersucht. Die Ergänzung durch die Wahrnehmung, welche die Gestaltgesetze im Zweidimensionalen systematisch beschrieben haben, wird dabei in den dreidimensionalen Raum übertragen. Die Säulenreihen der großen Moschee von Córdoba werden dadurch als Korridore wahrnehmbar. Miteinander verschnittene Volumenkörper von Borrominis San Carlo werden als angedeutete und transiente Räume in ihrer Wechselwirkung mit dem Betrachter beschrieben. Das dritte Unterkapitel schließlich widmet sich dem Aspekt der Bewegung durch den Raum. Das Konzept des flüssigen Objekts beschreibt, wie sich ein Objekt in der Wahrnehmung dabei durch die Interaktion von Erinnerung und neu Wahrgenommenen ständig aktualisiert. Die Beschreibungen dieses dritten Teils betonen die Rolle von Form und Struktur architektonischen Raums für den Wahrnehmungsprozess. Sie wird als eine dauerhafte, in gewisser Weise bedeutungsgebende Interaktion zwischen Betrachter und Raum beschrieben, von der nur ein Bruchteil in unsere bewusste Aufmerksamkeit gelangt. Der Prozess der Wahrnehmung in Form eines ständigen Dialogs mit Form und Struktur verbindet den Betrachter mit seiner Umgebung dauerhaft. In den Schlussbetrachtungen werden die Implikationen aufgezeigt, die sich aus einer solchen Betrachtungsweise für die Entwurfspraxis des Architekten, für eine sinnvolle zukünftige Verknüpfung der Architektur mit der Psychologie, und schließlich für die Beschreibung und Beurteilung von Gebäuden ergeben.
Nebenbei Raum.
the significance of architectural form and structure for the mechanisms of implicit visual space perception
Die Bedeutung von Form und Struktur architektonischer Räume für die Mechanismen der impliziten visuellen Raumwahrnehmung
Die Architektur der letzten Jahre ist reich an Beispielen formal und strukturell komplexer Projekte, die den Betrachter faszinieren, ihm jedoch gleichzeitig keinen Zugang anbieten, der es ihm ermöglichen würde, Herkunft und Bedeutung ihrer Formen zu verstehen. Während für eine Bewertung solcher Entwürfe gerne belastbare technische Kriterien herangezogen werden, sind eben solche für eine Beschreibung von Form und Struktur in Bezug auf ihre Wahrnehmung verloren gegangen. Den Versuch zu unternehmen, solche Kriterien wieder zu entwickeln scheint heute besonders aus Sicht der Psychologie und Neurowissenschaften vielversprechend, da in diesen Forschungsbereichen in den letzten Jahren neue relevante Erkenntnisse über die Mechanismen der Wahrnehmung erarbeitet worden sind. Vorliegende Arbeit widmet sich demnach der Aufgabe, Form und Struktur architektonischer Räume aus Sicht der visuellen Raumwahrnehmung zu beschreiben. Dabei steht nicht die individuelle geschmackliche Bewertung der Wahrnehmung im Vordergrund, sondern die implizite prozesshafte Interaktion zwischen Architektur und Wahrnehmendem. Ziel der Untersuchung ist es dabei, einen neuen aussagekräftigen Aspekt der Bedeutung von architektonischer Form und Struktur zu erschließen und diesen den etablierten Betrachtungsweisen hinzuzufügen. Ein psychologischer Deutungsansatz für Architektur beinhaltet, dass Raum aus einer individuellen Perspektive beschrieben wird. Das subjektive Erleben von Raum bestimmt gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Ästhetik der Einfühlungstheorie. Im ersten Teil der Arbeit wird diesen Grundlagen aus der Einfühlungstheorie und der Gestaltpsychologie nachgegangen. Genauer wird die auf die Gestalttheorie aufbauende Arbeit Rudolf Arnheims diskutiert, da sein Ansatz eine geeignete Systematik bietet, eine Verbindung zwischen der heutigen Forschung zur impliziten Wahrnehmung und der Architektur zu schaffen. Rudolf Arnheims Methodik bildet den Ausgangspunkt für die Untersuchung des relevanten Wissensstands in Psychologie und Neurowissenschaften im zweiten Teil der Arbeit. Die Schwerpunkte der Untersuchungen konzentrieren sich dabei auf die Forschungsbereiche, die sich mit impliziter visueller Wahrnehmung beschäftigen. Dabei werden Aspekte der visuellen Aufmerksamkeit, Selektion, Expertise, des Lernens und der unbewussten Wahrnehmung erörtert. Diese Bereiche der Forschung beleuchten die Mechanismen, die auch abseits unserer bewussten Aufmerksamkeit mit der Gewinnung von Informationen aus den Reizen der Umgebung beschäftigt sind. Sie liefern eine fundierte Vorstellung davon, wie auch ohne unser Zutun und ohne dass wir es bemerken unser Nervensystem durch die beständige Verarbeitung von Reizen in die Lage gebracht wird, mit seiner Umgebung weitgehend unabhängig von unserem Aufmerksamkeitsfokus erfolgreich zu interagieren. Und darüber hinaus, wie diese Interaktion mit unserer Umgebung unser Verhalten beeinflusst und uns prägt. Es wird deutlich, dass Form und Struktur der Objekte um uns herum mithilfe grundlegender Wahrnehmungsmechanismen beständig und automatisch neu interpretiert werden. Die Einblicke in diese Wahrnehmungsprozesse werden im dritten Teil mit zunehmender Komplexität auf die Interaktion des Wahrnehmungssystems mit konkreten architektonischen Räumen übertragen. Dadurch können einige Phänomene beschrieben werden, die die Potentiale von Form und Struktur für die Modulation der Wahrnehmung beleuchten. Die Untersuchungen des dritten Teils unterteilen sich in drei Unterkapitel. Das erste widmet sich Architekturzeichnungen. Anhand bekannter Zeichnungen wird analysiert, wie Architekten mithilfe von bildhaften Tiefenhinweisen Raumwahrnehmung manipulieren. Der ergänzende und interpretierende Charakter der Wahrnehmung des Betrachters wird herausgearbeitet. Im zweiten Kapitel werden diese Mechanismen im dreidimensionalen Raum an den Konturen von Form und Struktur des Raumes untersucht. Die Ergänzung durch die Wahrnehmung, welche die Gestaltgesetze im Zweidimensionalen systematisch beschrieben haben, wird dabei in den dreidimensionalen Raum übertragen. Die Säulenreihen der großen Moschee von Córdoba werden dadurch als Korridore wahrnehmbar. Miteinander verschnittene Volumenkörper von Borrominis San Carlo werden als angedeutete und transiente Räume in ihrer Wechselwirkung mit dem Betrachter beschrieben. Das dritte Unterkapitel schließlich widmet sich dem Aspekt der Bewegung durch den Raum. Das Konzept des flüssigen Objekts beschreibt, wie sich ein Objekt in der Wahrnehmung dabei durch die Interaktion von Erinnerung und neu Wahrgenommenen ständig aktualisiert. Die Beschreibungen dieses dritten Teils betonen die Rolle von Form und Struktur architektonischen Raums für den Wahrnehmungsprozess. Sie wird als eine dauerhafte, in gewisser Weise bedeutungsgebende Interaktion zwischen Betrachter und Raum beschrieben, von der nur ein Bruchteil in unsere bewusste Aufmerksamkeit gelangt. Der Prozess der Wahrnehmung in Form eines ständigen Dialogs mit Form und Struktur verbindet den Betrachter mit seiner Umgebung dauerhaft. In den Schlussbetrachtungen werden die Implikationen aufgezeigt, die sich aus einer solchen Betrachtungsweise für die Entwurfspraxis des Architekten, für eine sinnvolle zukünftige Verknüpfung der Architektur mit der Psychologie, und schließlich für die Beschreibung und Beurteilung von Gebäuden ergeben.
Nebenbei Raum.
the significance of architectural form and structure for the mechanisms of implicit visual space perception
Die Bedeutung von Form und Struktur architektonischer Räume für die Mechanismen der impliziten visuellen Raumwahrnehmung
Space by the way
Ballestrem, Matthias Von (Autor:in)
2015
Sonstige
Elektronische Ressource
Deutsch
British Library Online Contents | 1999
UB Braunschweig | 2014
|