Eine Plattform für die Wissenschaft: Bauingenieurwesen, Architektur und Urbanistik
Historische Landnutzung und Siedlungsentwicklung in Flussauen und Hochwasserschutz: Das Beispiel der Traisen und St. Pöltens 1870–2000
Zusammenfassung Auen sind ein wichtiger Teil des Ökosystems Flusslandschaft. Ihre Ausdehnung und ökologische Funktionsfähigkeit haben vor allem in den letzten 200 Jahren durch die zunehmende menschliche Nutzung stark abgenommen. Die Kolonisierung von Flussauen ging Hand in Hand mit einem grundlegenden Wandel im Hochwasserschutz. Dieser Artikel beschreibt anhand des Beispiels der Traisenflusslandschaft im Bereich der Stadt St. Pölten die parallel verlaufenden und sich gegenseitig beeinflussenden Prozesse von Landnutzungsänderung, Siedlungsentwicklung und Ausbau technischer Hochwasserschutzmaßnahmen. Im räumlichen und zeitlichen Verlauf der Siedlungsentwicklung St. Pöltens in den Traisenauen waren Industrialisierung, Urbanisierung, städtische Planung und technische Hochwasserschutzpraktiken treibende Faktoren. Die Stadt dehnte sich im 20. Jahrhundert kontinuierlich in die Traisenauen aus. Diese Expansion beschränkte sich zunächst auf die Ränder des HQ100-Abflussraums, während entlang der seit 1909 existierenden Hochwasserschutzdämme bis 1960 ein Grünland- bzw. Auwaldstreifen verblieb. Dieser wurde bewusst von Bebauung freigehalten und bei größeren Hochwässern überschwemmt. Nach dem Hochwasser von 1959 gab die Stadt auch die traisennahen Flächen als Bauzonen frei. Diese Entscheidung fiel parallel zum Entschluss, den Hochwasserschutz auf ein 100-jährliches Abflussereignis auszubauen. In den folgenden Jahrzehnten entstanden auch direkt an der Traisen dauerhafte Wohngebäude und -siedlungen. Aktuell stellen die vorhandenen Nutzungen sowie die dadurch verursachten ökologischen Folgen das Gewässermanagement vor große Herausforderungen. Diese können nur mithilfe von einzugsgebietsbezogener Planung, der Integration von vielfältigen Anforderungen inklusive der Ökologie und der Berücksichtigung der Raumplanung als Steuerungsinstrument gelöst werden.
Abstract Floodplains are an important part of riverine landscapes. Their expansion and ecological functioning have declined sharply, especially in the last 200 years due to increasing human use. The colonization of floodplains went hand in hand with a fundamental change in flood protection practices. Using the example of the Traisen river landscape in the area of the city of St. Pölten, this article describes the parallel and mutually influencing processes of land use change, settlement development and the evolution of technical flood protection measures. In the spatial and temporal patterns of St. Pölten’s settlement development in the Traisen floodplains industrialization, urbanization, urban planning and technical flood protection practices were driving factors. In the 20th century, the city expanded continuously towards and in the river floodplains. This expansion was initially limited to the edges of the 100-year flood area, while along the flood protection dikes, which were erected between 1905 and 1909 a grassland and floodplain forest section remained until 1960. This zone was deliberately kept free of buildings as it was inundated during major floods. After the flood of 1959, the city also designated the sections close to the river as construction zones. Simultaneously, the decision was taken to extend flood protection to a 100-year runoff event. In the following decades, permanent residential buildings and settlements were built directly along the Traisen River. Currently, the existing floodplain uses and the resulting ecological consequences pose major challenges for water management. These can only be addressed based on planning on catchment scale, integration of a variety of use requirements including ecology and the consideration of spatial planning as guiding principles.
Historische Landnutzung und Siedlungsentwicklung in Flussauen und Hochwasserschutz: Das Beispiel der Traisen und St. Pöltens 1870–2000
Zusammenfassung Auen sind ein wichtiger Teil des Ökosystems Flusslandschaft. Ihre Ausdehnung und ökologische Funktionsfähigkeit haben vor allem in den letzten 200 Jahren durch die zunehmende menschliche Nutzung stark abgenommen. Die Kolonisierung von Flussauen ging Hand in Hand mit einem grundlegenden Wandel im Hochwasserschutz. Dieser Artikel beschreibt anhand des Beispiels der Traisenflusslandschaft im Bereich der Stadt St. Pölten die parallel verlaufenden und sich gegenseitig beeinflussenden Prozesse von Landnutzungsänderung, Siedlungsentwicklung und Ausbau technischer Hochwasserschutzmaßnahmen. Im räumlichen und zeitlichen Verlauf der Siedlungsentwicklung St. Pöltens in den Traisenauen waren Industrialisierung, Urbanisierung, städtische Planung und technische Hochwasserschutzpraktiken treibende Faktoren. Die Stadt dehnte sich im 20. Jahrhundert kontinuierlich in die Traisenauen aus. Diese Expansion beschränkte sich zunächst auf die Ränder des HQ100-Abflussraums, während entlang der seit 1909 existierenden Hochwasserschutzdämme bis 1960 ein Grünland- bzw. Auwaldstreifen verblieb. Dieser wurde bewusst von Bebauung freigehalten und bei größeren Hochwässern überschwemmt. Nach dem Hochwasser von 1959 gab die Stadt auch die traisennahen Flächen als Bauzonen frei. Diese Entscheidung fiel parallel zum Entschluss, den Hochwasserschutz auf ein 100-jährliches Abflussereignis auszubauen. In den folgenden Jahrzehnten entstanden auch direkt an der Traisen dauerhafte Wohngebäude und -siedlungen. Aktuell stellen die vorhandenen Nutzungen sowie die dadurch verursachten ökologischen Folgen das Gewässermanagement vor große Herausforderungen. Diese können nur mithilfe von einzugsgebietsbezogener Planung, der Integration von vielfältigen Anforderungen inklusive der Ökologie und der Berücksichtigung der Raumplanung als Steuerungsinstrument gelöst werden.
Abstract Floodplains are an important part of riverine landscapes. Their expansion and ecological functioning have declined sharply, especially in the last 200 years due to increasing human use. The colonization of floodplains went hand in hand with a fundamental change in flood protection practices. Using the example of the Traisen river landscape in the area of the city of St. Pölten, this article describes the parallel and mutually influencing processes of land use change, settlement development and the evolution of technical flood protection measures. In the spatial and temporal patterns of St. Pölten’s settlement development in the Traisen floodplains industrialization, urbanization, urban planning and technical flood protection practices were driving factors. In the 20th century, the city expanded continuously towards and in the river floodplains. This expansion was initially limited to the edges of the 100-year flood area, while along the flood protection dikes, which were erected between 1905 and 1909 a grassland and floodplain forest section remained until 1960. This zone was deliberately kept free of buildings as it was inundated during major floods. After the flood of 1959, the city also designated the sections close to the river as construction zones. Simultaneously, the decision was taken to extend flood protection to a 100-year runoff event. In the following decades, permanent residential buildings and settlements were built directly along the Traisen River. Currently, the existing floodplain uses and the resulting ecological consequences pose major challenges for water management. These can only be addressed based on planning on catchment scale, integration of a variety of use requirements including ecology and the consideration of spatial planning as guiding principles.
Historische Landnutzung und Siedlungsentwicklung in Flussauen und Hochwasserschutz: Das Beispiel der Traisen und St. Pöltens 1870–2000
Historic land use and settlement development in river floodplains and flood protection: the example of Traisen and St. Pölten 1870–2000
Mag. Dr. Haidvogl, Gertrud (Autor:in) / DI Dr. Eberstaller, Jürgen (Autor:in) / DI Eberstaller-Fleischanderl, Doris (Autor:in) / DI Fraiß, Bernhard (Autor:in) / DI Gabriel, Hannes (Autor:in) / DI Dr. Hohensinner, Severin (Autor:in)
Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft ; 70 ; 305-315
07.03.2018
11 pages
Aufsatz (Zeitschrift)
Elektronische Ressource
Deutsch
Schutz der Flussauen Hochwasserschutz, ein Gegensatz?
British Library Conference Proceedings | 1992
|Intakte Flussauen – Mehrwert (nicht nur) für den Hochwasserschutz
HENRY – Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) | 2015
|