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Bauforschung an der Pfarrkirche St. Marien in Berlin-Mitte.
a contribution to its building history in the Middle Ages
Beiträge zu ihrer mittelalterlichen Baugeschichte
Die Erforschung der Baugeschichte der Marienkirche am Alexanderplatz war bislang erst in Ansätzen begonnen. In dieser Arbeit wird erstmals ihre Errichtung und Erweiterung bis zur Einführung der Reformation in Brandenburg im Jahr 1539 detailliert dargestellt und nachvollziehbar zeitlich eingeordnet. Möglich wurde dies durch von der Autorin seit 2009/10 sanierungsbegleitend durchgeführte Bauforschung und die umfassende Revision und Neuerschließung schriftlicher und bildlicher Quellen. Am bestehenden Kirchenbau lassen sich neun Bauphasen unterscheiden. Sechs davon betreffen den in horizontal übereinander liegenden Etappen errichteten Westturm, die anderen drei die in jeweils einem Zug erfolgte Errichtung von Langhaus, Chor und Alter Sakristei. Durch eindeutige Baufugen mit stumpf anstoßendem Mauerwerk konnte bewiesen werden, dass das durch schräg gestellte Eckstrebepfeiler markierte dreischiffige kreuzgewölbte Hallen-Langhaus, entgegen der gängigen Meinung, der älteste Bauteil der Kirche ist. Bei der Auslegung des Grundrisses wurde mit einer erstaunlichen Genauigkeit in der Ausführung der rechten Winkel und unter Einhaltung eines Moduls von genau 8 m vorgegangen. Die Langhauspfeiler liegen hingegen nicht auf den gleichen Querachsen wie die von Anfang an mit den Wänden errichteten Strebepfeiler. Das spricht für eine Planänderung oder –anpassung, die erst nach der Ausführung der Wände erfolgte. Vermutlich blieb der Vorgängerbau innerhalb des Neubaus stehen bis dieser unter Dach war. Diese Beobachtung sowie die gut begründbare Datierung des Backsteinbaus mit teils hohen Feldstein-Unterwänden und Kalksteindetails auf erst ab 1290 und nicht schon um 1270 untermauern archäologische Befunde, die auf einen Vorgängerbau aus Feldstein aus der 1. Hälfte des 13. Jhd. hinweisen. Die aufgrund einiger heterogener Gestaltungsmerkmale und der vergleichenden Einordnung der Backsteinformate anzunehmende lange Bauzeit des zunächst vermutlich flach geschlossenen Langhauses war wohl erst um 1340 endgültig abgeschlossen. Bauphase 2 umfasst den um 1395 erfolgten Bau des einschiffigen eingezogenen Chors und des in seiner Gestaltung darauf Bezug nehmenden Ostgiebels. Im Vergleich zum Langhaus fällt – bei grundsätzlicher Beibehaltung der Bauweise mit über den eigentlichen Sockel hinausgehenden Obersockeln aus Feldsteinen und darüber folgendem Backsteinmauerwerk – die zwischenzeitlich erlangte Perfektionierung der Mauertechnik und die viel größere Schmuckfreudigkeit auf. Völlig unbekannt war bislang, dass der Chorraum durch einen Lettner vom Langhaus abgegrenzt war. Die abgeschlagenen Ansätze des mit dem Chormauerwerk errichteten Lettners und seitliche Nischen mit Treppensturz sind unter dem Wandputz erhalten. Mit dem Anbau des Chors wurde das unmittelbar anschließende östlichste Gewölbefeld des Mittelschiffs abgebrochen und durch ein in der Region seltenes Springgewölbe ersetzt, das den darunter befindlichen Laienaltar betonte. Im ersten Drittel des 15. Jhd. wurde die Erweiterung der Kirche in Richtung Westen begonnen. Innerhalb von drei Bauphasen entstanden bis 1437 unter maßgeblicher Beteiligung von Meister Michel von Görlitz eine Verlängerung des Langhauses und der untere Teil eines auf Pfeilerarkaden ruhenden mittleren Einturms mit Seitenhallen. Die dreischiffige Turmhalle war nach Entfernung der früheren Westwand zum Langhaus geöffnet. Der Westbau einschließlich des ersten Turmobergeschosses wurde als Feldsteinbau mit Kanten und Ausgleichslagen aus Backstein sowie Zier- und Ausbauelementen aus Kalkstein errichtet. Bevor man am Turm weiterbaute, wurde um 1440/50 als Bauphase 6 vor dem zweiten Joch der Südfassade die Alte Sakristei angebaut. Mit einem 1818 abgebrochenen und daher nicht näher datierbaren mittelalterlichen kapellenartigen Anbau an der Nordseite erreichte die Kirche die größte flächenmäßige Ausdehnung während des Mittelalters. In der zeitlich nahen, eventuell zum Teil überschneidenden Bauphase 7 wurden vermutlich von Meister Steffen Boxthude das Gewölbe des Westanbaus mit jochbezogenen Parallelrippengewölben und einem erweiterten Knickrippenstern im Mittelschiff des verlängerten westlichsten Langhausjochs sowie der Großteil des zweiten Turmobergeschosses ausgeführt. Die äußeren Mauerschalen dieses Geschosses von um 1450 und des in Bauphase 8 um 1490 aufgesetzten obersten Turmgeschosses bestehen aus Kalkbruchsteinmauerwerk mit Hintermauerung aus Backsteinen, wobei sich die jeweils verwendeten Steinformate signifikant voneinander unterscheiden. Unmittelbar nach einem 1518 im Turm entfachten Brand wurden in Bauphase 9 die im Wesentlichen bis heute erhaltenen Dachkonstruktionen neu aufgebaut. Die Neigung dieser Dächer ist steiler als die der vorherigen. Außerdem wurde die Turmtraufe erhöht, sodass die Pultdächer der Turmseitenhallen als Verlängerung des Langhausdachs erscheinen. Damit erhielt die Marienkirche bis auf spätere Anbauten und den Turmaufsatz von Langhans ihre heutige Gestalt.
Bauforschung an der Pfarrkirche St. Marien in Berlin-Mitte.
a contribution to its building history in the Middle Ages
Beiträge zu ihrer mittelalterlichen Baugeschichte
Die Erforschung der Baugeschichte der Marienkirche am Alexanderplatz war bislang erst in Ansätzen begonnen. In dieser Arbeit wird erstmals ihre Errichtung und Erweiterung bis zur Einführung der Reformation in Brandenburg im Jahr 1539 detailliert dargestellt und nachvollziehbar zeitlich eingeordnet. Möglich wurde dies durch von der Autorin seit 2009/10 sanierungsbegleitend durchgeführte Bauforschung und die umfassende Revision und Neuerschließung schriftlicher und bildlicher Quellen. Am bestehenden Kirchenbau lassen sich neun Bauphasen unterscheiden. Sechs davon betreffen den in horizontal übereinander liegenden Etappen errichteten Westturm, die anderen drei die in jeweils einem Zug erfolgte Errichtung von Langhaus, Chor und Alter Sakristei. Durch eindeutige Baufugen mit stumpf anstoßendem Mauerwerk konnte bewiesen werden, dass das durch schräg gestellte Eckstrebepfeiler markierte dreischiffige kreuzgewölbte Hallen-Langhaus, entgegen der gängigen Meinung, der älteste Bauteil der Kirche ist. Bei der Auslegung des Grundrisses wurde mit einer erstaunlichen Genauigkeit in der Ausführung der rechten Winkel und unter Einhaltung eines Moduls von genau 8 m vorgegangen. Die Langhauspfeiler liegen hingegen nicht auf den gleichen Querachsen wie die von Anfang an mit den Wänden errichteten Strebepfeiler. Das spricht für eine Planänderung oder –anpassung, die erst nach der Ausführung der Wände erfolgte. Vermutlich blieb der Vorgängerbau innerhalb des Neubaus stehen bis dieser unter Dach war. Diese Beobachtung sowie die gut begründbare Datierung des Backsteinbaus mit teils hohen Feldstein-Unterwänden und Kalksteindetails auf erst ab 1290 und nicht schon um 1270 untermauern archäologische Befunde, die auf einen Vorgängerbau aus Feldstein aus der 1. Hälfte des 13. Jhd. hinweisen. Die aufgrund einiger heterogener Gestaltungsmerkmale und der vergleichenden Einordnung der Backsteinformate anzunehmende lange Bauzeit des zunächst vermutlich flach geschlossenen Langhauses war wohl erst um 1340 endgültig abgeschlossen. Bauphase 2 umfasst den um 1395 erfolgten Bau des einschiffigen eingezogenen Chors und des in seiner Gestaltung darauf Bezug nehmenden Ostgiebels. Im Vergleich zum Langhaus fällt – bei grundsätzlicher Beibehaltung der Bauweise mit über den eigentlichen Sockel hinausgehenden Obersockeln aus Feldsteinen und darüber folgendem Backsteinmauerwerk – die zwischenzeitlich erlangte Perfektionierung der Mauertechnik und die viel größere Schmuckfreudigkeit auf. Völlig unbekannt war bislang, dass der Chorraum durch einen Lettner vom Langhaus abgegrenzt war. Die abgeschlagenen Ansätze des mit dem Chormauerwerk errichteten Lettners und seitliche Nischen mit Treppensturz sind unter dem Wandputz erhalten. Mit dem Anbau des Chors wurde das unmittelbar anschließende östlichste Gewölbefeld des Mittelschiffs abgebrochen und durch ein in der Region seltenes Springgewölbe ersetzt, das den darunter befindlichen Laienaltar betonte. Im ersten Drittel des 15. Jhd. wurde die Erweiterung der Kirche in Richtung Westen begonnen. Innerhalb von drei Bauphasen entstanden bis 1437 unter maßgeblicher Beteiligung von Meister Michel von Görlitz eine Verlängerung des Langhauses und der untere Teil eines auf Pfeilerarkaden ruhenden mittleren Einturms mit Seitenhallen. Die dreischiffige Turmhalle war nach Entfernung der früheren Westwand zum Langhaus geöffnet. Der Westbau einschließlich des ersten Turmobergeschosses wurde als Feldsteinbau mit Kanten und Ausgleichslagen aus Backstein sowie Zier- und Ausbauelementen aus Kalkstein errichtet. Bevor man am Turm weiterbaute, wurde um 1440/50 als Bauphase 6 vor dem zweiten Joch der Südfassade die Alte Sakristei angebaut. Mit einem 1818 abgebrochenen und daher nicht näher datierbaren mittelalterlichen kapellenartigen Anbau an der Nordseite erreichte die Kirche die größte flächenmäßige Ausdehnung während des Mittelalters. In der zeitlich nahen, eventuell zum Teil überschneidenden Bauphase 7 wurden vermutlich von Meister Steffen Boxthude das Gewölbe des Westanbaus mit jochbezogenen Parallelrippengewölben und einem erweiterten Knickrippenstern im Mittelschiff des verlängerten westlichsten Langhausjochs sowie der Großteil des zweiten Turmobergeschosses ausgeführt. Die äußeren Mauerschalen dieses Geschosses von um 1450 und des in Bauphase 8 um 1490 aufgesetzten obersten Turmgeschosses bestehen aus Kalkbruchsteinmauerwerk mit Hintermauerung aus Backsteinen, wobei sich die jeweils verwendeten Steinformate signifikant voneinander unterscheiden. Unmittelbar nach einem 1518 im Turm entfachten Brand wurden in Bauphase 9 die im Wesentlichen bis heute erhaltenen Dachkonstruktionen neu aufgebaut. Die Neigung dieser Dächer ist steiler als die der vorherigen. Außerdem wurde die Turmtraufe erhöht, sodass die Pultdächer der Turmseitenhallen als Verlängerung des Langhausdachs erscheinen. Damit erhielt die Marienkirche bis auf spätere Anbauten und den Turmaufsatz von Langhans ihre heutige Gestalt.
Bauforschung an der Pfarrkirche St. Marien in Berlin-Mitte.
a contribution to its building history in the Middle Ages
Beiträge zu ihrer mittelalterlichen Baugeschichte
Building archaeology in the parish church of St. Mary in Berlin-Mitte
Sonnleitner, Andrea (author)
2015
Miscellaneous
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726