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Hellenistische Hafenstädte
Zusammenfassung Wer die Kulturgeschichte des Hellenismus, jenes lebendigen und sprühenden Zeitraumes vom Tode Alexanders des Großen bis zur beginnenden Spätantike verstehen will, muß in allererster Linie in die Hafenstädte gehen1, denn in ihnen hat das hellenistische Leben seine farbenfreudigsten Ausprägungen gefundene2. Man vergißt oft, daß die Küsten- und Inselgewässer der Mittelmeerwelt — wenigstens soweit Griechen ihr Gepräge bestimmten —, nicht weniger belebt waren als sie es heute sind. Wenn genug Holz vorhanden war, waren antike Flotten sehr rasch gebaut; wie oft hat Athen allein im peloponnesischen Krieg seine Flotte erneuert3! Tüchtige Seefahrer waren in genügender Zahl vorhanden, neben Griechen vor allem Araber, Phöniker und Ägypter. Der Geist der Odyssee ist in der griechischen Welt nie ausgestorben; noch der reichlich banause Hieronymus zitiert auf seinen Seefahrten die Odyssee, und noch der große Basileios verlangt, daß wenigstens der Gebildete zur See gefahren sein müsse, um vieler Menschen Städte zu sehen4. Keine Bilderwelt ist in der hellenistischen Literatur so oft vertreten wie die des Schiffes und des Steuermannes, des Meeres in Stille und Sturm, der Häfen und Küsten5. Eine eigene, amüsante Literaturgattung, der Reiseroman, führt durch fast alle Hafenstädte der hellenistischen Welt6. Der hellenistische Mensch hat ein tiefes Gefühl für die länderverbindende Schönheit des Meeres, für das flutende Leben und den Reichtum der Häfen7. Auch für das äußere Schicksal der hellenistischen Welt sind die Häfen entscheidend: im Kampf um die syrischen und karisch-kilikischen Häfen haben die beiden größten hellenistischen Reiche einander völlig aufgerieben und zerstört8. Kaiser und Könige leben in diesem Geist: die Königin Kleopatra liebte es, sich unter die Matrosen zu mischen und mit ihnen in ihren Landessprachen zu reden, Griechisch, Ägyptisch, Aramäisch, Arabisch, Persisch und Äthiopisch, und Kaiser Julian bekennt, daß es nichts Schöneres gäbe, als das Meer und Schiffe zu sehen9. Thukydides’ Satz, daß alles wirkliche Leben in der Geschichte erst mit der Seefahrt beginne, enthält nicht nur ein richtiges Verständnis für die Geschichte des Mittelmeerraumes, sondern ein geschichtsphilosophisches Axiom, dem auch in anderen Zeiten und Kulturen nachzugehen wäre10.
Hellenistische Hafenstädte
Zusammenfassung Wer die Kulturgeschichte des Hellenismus, jenes lebendigen und sprühenden Zeitraumes vom Tode Alexanders des Großen bis zur beginnenden Spätantike verstehen will, muß in allererster Linie in die Hafenstädte gehen1, denn in ihnen hat das hellenistische Leben seine farbenfreudigsten Ausprägungen gefundene2. Man vergißt oft, daß die Küsten- und Inselgewässer der Mittelmeerwelt — wenigstens soweit Griechen ihr Gepräge bestimmten —, nicht weniger belebt waren als sie es heute sind. Wenn genug Holz vorhanden war, waren antike Flotten sehr rasch gebaut; wie oft hat Athen allein im peloponnesischen Krieg seine Flotte erneuert3! Tüchtige Seefahrer waren in genügender Zahl vorhanden, neben Griechen vor allem Araber, Phöniker und Ägypter. Der Geist der Odyssee ist in der griechischen Welt nie ausgestorben; noch der reichlich banause Hieronymus zitiert auf seinen Seefahrten die Odyssee, und noch der große Basileios verlangt, daß wenigstens der Gebildete zur See gefahren sein müsse, um vieler Menschen Städte zu sehen4. Keine Bilderwelt ist in der hellenistischen Literatur so oft vertreten wie die des Schiffes und des Steuermannes, des Meeres in Stille und Sturm, der Häfen und Küsten5. Eine eigene, amüsante Literaturgattung, der Reiseroman, führt durch fast alle Hafenstädte der hellenistischen Welt6. Der hellenistische Mensch hat ein tiefes Gefühl für die länderverbindende Schönheit des Meeres, für das flutende Leben und den Reichtum der Häfen7. Auch für das äußere Schicksal der hellenistischen Welt sind die Häfen entscheidend: im Kampf um die syrischen und karisch-kilikischen Häfen haben die beiden größten hellenistischen Reiche einander völlig aufgerieben und zerstört8. Kaiser und Könige leben in diesem Geist: die Königin Kleopatra liebte es, sich unter die Matrosen zu mischen und mit ihnen in ihren Landessprachen zu reden, Griechisch, Ägyptisch, Aramäisch, Arabisch, Persisch und Äthiopisch, und Kaiser Julian bekennt, daß es nichts Schöneres gäbe, als das Meer und Schiffe zu sehen9. Thukydides’ Satz, daß alles wirkliche Leben in der Geschichte erst mit der Seefahrt beginne, enthält nicht nur ein richtiges Verständnis für die Geschichte des Mittelmeerraumes, sondern ein geschichtsphilosophisches Axiom, dem auch in anderen Zeiten und Kulturen nachzugehen wäre10.
Hellenistische Hafenstädte
Professor Dr. Schneider, Carl (author)
Jahrbuch der Hafenbautechnischen Gesellschaft ; 23 /24 ; 4-16
1959-01-01
13 pages
Article/Chapter (Book)
Electronic Resource
German
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