Mechanische Grundlagen der Bemessung tragender Bauteile aus Glas: Fid-Bau Portal

Mechanische Grundlagen der Bemessung tragender Bauteile aus Glas

Güsgen, J. / Sedlacek, G. / Blank, K.

Der zunehmende Einsatz von Glas im konstruktiven Ingenieurbau ist derzeit durch die bestehenden Bemessungsnormen und Richtlinien nicht abgedeckt, da die Verknüpfung mit dem Zahlenwert der zulässigen Spannung dem Werkstoff Glas nicht gerecht wird. Daß die Bemessung tragender Glasteile nach der Versagenswahrscheinlichkeit vorgenommen werden muß, erklärt sich aus den Grundlagenbetrachtungen zur Glasfestigkeit (Oberflächendefekte). Es werden Prinzipien und Bemessungsverfahren, gültig für alle Glasarten (Floatglas, Einscheibensicherheitsglas, thermisch verfestigtes Glas) und Bauteile aus Glas (Platte, Scheibe, Balken, Stütze), vorgeführt. Aus Prüfbiegefestigkeiten wird für die Bruchwahrscheinlichkeit eine Weibull-Verteilung angenommen, die auf dem 'Weakest-Link-Modell' basiert (Flächenabhängigkeit der Glasfestigkeit). Das Zeitfestigkeitsverhalten des Glases (mit Oberflächen- und Kantenfehlern) wird mit der linear-elastischen Bruchmechanik beschrieben. Für die Bemessung von Glas nach der Versagenswahrscheinlichkeit wird folgendes berücksichtigt: ungleichmäßige Spannungsverteilung bei belasteten Glasbauteilen, Zeitabhängigkeit der Glasfestigkeit, zeitliche Veränderung der Einwirkungen, Lastannahmen bei Wind- und Schneebelastung, sowie Überlagerung von Wind- und Schneelast und Eigengewicht. Das semiprobabilistische Bemessungskonzept wird (in Analogie zum Betriebsfestigkeitsnachweis bei Metallkonstruktionen) unter Berücksichtigung von Einflußfaktoren (Spannungsverteilung, Geometrie, Einwirkungsdauer, Umgebungsbedingungen) für eine vierseitig gelagerte, rechteckige Glasplatte angewandt.